Montag, 21. Juli 2014
Menschen der Nacht #3
Mitten in der Nacht klingelt das Telefon. Nichts ungewöhnliches.
Er fragt ob er die Flasche Weizenbier trinken darf, die ich in seinem Kühlschrank stehen lassen habe.
Noch bevor ich ihm antworten kann höre ich ihn wutentbrannt durch das gesamte Haus schreien:
„WELCHER WICHSER STELLT EINE LEERE BIERFLASCHE MIT KAPSEL DRAUF ZURÜCK IN DEN BESCHISSENEN KÜHLSCHRANK???“

Dann bricht die Verbindung ab...



Samstag, 19. Juli 2014
Es war nie das Was zählt.
Als Billy Joel`s „Only the good die young“ durch meine Lautsprecher bläst während ich geistig abwesend, mit der Sonne im Gesicht, durch das Gewusel der Innenstadt tucker, transportiert es mich zurück zu jenen Zeiten als das Leben noch etwas sorgenfreier & einfach war.
Als die gleiche Bande noch jeden Tag an exakt dem gleichen Spot am hängen war.


In der Gegend kannte uns jeder & fast jeder wusste wo man uns finden konnte (nicht, dass viele Leute uns finden wollten).
Er war vielleicht 18 oder 19 Jahre alt & sehr selbstbewusst, als er von seiner KMT LC4 abstieg und in unsere Richtung gelaufen kam. Wieso er mit der Idee ein Rennen zu fahren ausgerechnet zu uns kam war, da wir mit Sicherheit nicht für unsere Fahrkünste oder schnelles Fahren bekannt waren, uns allen ein Rätsel. Wieso er so selbstbewusst war wiederum, als er J auf seiner 80er Vespa im arroganten Ton aufforderte sich mit ihm zu messen, nicht.

Was der Junge Mann nicht wusste ist, dass ein schnelles Motorrad & eine coole lucky Strike Lederjacke in einem Rennen bei weitem nicht alles sind was zählt. Erfahrung mit seinem Gefährt unter allen möglichen Umständen muss man haben. Die Strecke und ihre Tricks und Kniffe muss man kennen. "Was mache ich wenn (...)" sollte man sich schon gefragt haben, bevor es Zeit zu handeln ist.

2 Kilometer die Hauptstrasse entlang, vom Industriegebiet bis zu unserem Spot, der junge Mann auf seiner brandneuen Halbcross, gegen J auf seiner kleinen Vespa. Er hatte gute Odds seine Ego mit einem Sieg in diesem Ungleichen Rennen zu stärken.

Da standen wir dann also, unseren Blick ans Ende der Hauptstrasse gerichtet, in der Hoffnung, dass unser Mann es irgendwie schafft nicht total abzustinken, in einem Rennen zu dem er sich niemals hätte breitschlagen lassen dürfen.

Und dann, kam er um die Kurve "geschossen", die rechte Hand am Lenkrad, die linke Faust in Siegerpose gen Himmel gestreckt.

Der junge Mann schaffte es gerade noch so eine Notbremse hinzulegen um nicht in den VW Polo zu rasen der aus einer Einfahrt zurücksetzte. Während er & die junge Fahrerin sich geschockt anstarrten, zog J einen lockeren Bogen um die beiden, streckte beide arme in die Luft und rollte freihändig als Gewinner in die Arme seiner vor Freude hüpfenden und jubelnden Crew.
Der junge Mann beschwerte sich noch einige Minuten über die "unfairen Umstände" unter denen er verloren hatte, bevor er beschämt auf seinem Motorrad davon fuhr.


Den Rest der Autofahrt verbringe ich in nostalgischen Gedanken mit einem Grinsen im Gesicht.



Freitag, 18. Juli 2014
...



Donnerstag, 17. Juli 2014
Menschen der Nacht #2
Er saß alleine an der Bar. Als ich mich neben ihn setzte und einen Drink bestellte brauchte er nicht lange um mich in ein bisschen Smalltalk zu verwickeln.
Er roch nach Schnaps & Zigaretten (noch strenger als es in dieser Stadt sowieso fast jeder tut),
„Verlass diese gottverdammte Stadt bevor es zu spät für dich ist Kleiner“ mahnte er mich zum Abschied nachdem ich meinen Whiskey & noch 2 weitere recht zackig hintergeschüttet hatte.

Als ich 4 Tage später, nach Schnaps & Zigaretten stinkend über meinen "Guten-Morgen-Drink", zu dem ich mich von einer blonden, halb nackten Bedienung am Weg zum cafe holen hatte überreden lassen & über all die Junkies, Spielsüchtigen & anderen traurigen Gestalten nachdachte von denen ich die letzten 96 Stunden umgeben war, verstand ich plötzlich was der alte Trunkenbold meinte.
Denn obwohl ich weniger als 2 Stunden zuvor mit blutunterlaufenen Augen, nach geschätzten 1,5 Stunden Schlaf, das bisschen Essen vom Vortag und ungefähr doppelt soviel Galle in meine Dusche gekotzt hatte, sehr viel Geld ärmer war & mir nicht 100% sicher war, wie lange genau ich eigentlich schon hier war, lustete es mich nach mehr.
Eine halbe Stunde später stand ich mit gepackten Koffern an der Rezeption. Der selbe Porter als beim Einchecken... James.
„Ich hoffe sie haben Ihre Zeit hier genossen Sir?“

Eine Antwort war kaum nötig, er konnte es mir ansehen, konnte es an mir riechen... Nur eins von vielen potenziellen Opfern dieser Stadt. "Nichts wie weg hier" war die Devise!

Ich steckte ihm 20$ Trinkgeld zu & verabschiedete mich mit den Worten „Viva Las Vegas James!“ bevor ich mich umdrehte und (leicht wehmütig) in Richtung Ausgang torkelte.



Montag, 14. Juli 2014
Menschen der Nacht #1
Ich frage mich heute noch, welche Dämonen Ihn geritten haben, an jenem sonnigen Vormittag.
War es eine Kurzschluss-Reaktion? Als er den Lastzug aus der Entfernung anrasen sah?
"Nur ein kleiner Hopser & all das Elend ist vorbei"
So sagenumwoben sein wildes & kurzes Leben war, so rätselhaft war auch dessen abruptes & tragisches Ende.
An jenem sonnigen Vormittag verlies uns eine Legende. Einer der härtesten und echtesten denen ich je begegnen durfte.
Jenes unschöne Ereignis kündigte für mich (und viele Andere), das Ende einer Ära an.
Es war Zeit abzuhauen. Zeit die durchgezechten Nächte & wilden Eskapaden hinter sich zu lassen. Auch wenn es weh tut.



„So long old friend... so long“